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Gartenansicht mit Rasen, Freitreppe und Anbau des Wohnzimmers

Dieses Sanierungsobjekt in Leipzig ist eine von insgesamt 14 gleichartigen Doppelhaushälften. Das Projekt zeigt die vorbildliche Umgestaltung eines typischen Siedlungshauses aus den späten 1920er Jahren in zeitgemäßes Wohnen.

Entstehung

Die Baugenehmigung für diese als eine von insgesamt 14 gleichartigen Doppelhaushälften datiert aus 1928. Ein Jahr später legt der Bauherr eine Tektur vor: »Verlegung der Eingänge von der Längsfront nach der Seitenfront«. 1934 folgt der Dachausbau mit jeweils einer breiten Gaube zur Straße und zum Garten. Ein »kombiniertes Garagen- und Schuppengebäude« kommt 1971 hinzu. Zwischenzeitlich entsteht eine zweite Wohneinheit.

Die in den historischen Bauzeichnungen teils mehrflügelig gezeigten Fenster mit bauzeittypischer Sprossengliederung aus liegenden Formaten sind nie zum Einsatz gekommen. Im Laufe der Jahre haben viele Häuser der Serie ihre einst die Fassaden prägenden Fensterläden verloren. Teilweise wichen die originalen Stulpfenster einflügeligen Rahmen.

Baubeschreibung

Es gibt vier Geschosse. Ein als »Veranda« beantragter, ungedämmter Anbau erweitert das Erdgeschoss in den langgestreckten Garten. Typisch ist die Konstruktionsweise mit massiven Ziegelwänden, Holzbalkendecken in den oberen Geschossen und einer Stegzementdielendecke zwischen Stahlträgern über dem Kellergeschoss. Eine tragende Mittelwand halbiert die Stützweiten der Deckenbalken.

Analyse

Heute zeigt sich das Gebäudeensemble uneinheitlich in einem bunten Farb- und Materialmix. Zahlreiche einst prägende Fassadenelemente gingen verloren. Das Objekt selbst weist aus heutiger Sicht zahlreiche Mängel auf. Darunter:

  • fehlender Wärmeschutz der Außenbauteile
  • veraltete Haustechnik z. B. mit Gas-Einzelraumheizgeräten
  • kleine Räume in zwei kleinen Wohnungen
  • enge Zufahrt zur Garage
  • sehr steile Treppe zum Dachgeschoss
  • geringer Trittschallschutz

Sanierungskonzept

Funktional

  • Verlegung des Hauseingangs (zurück) zur Straßenseite
  • Verlegung der straßenseitigen Einfriedung an die Gebäudeseite
  • Zusammenlegung der beiden Nutzeinheiten
  • Schaffen von größeren Raumverbünden
  • Erweiterung des Wohnbereichs durch einen breiteren, grenzständigen Anbau.
  • Entfall von Innentüren und durchgängiges Parkett im Erdgeschoss: dadurch Ausbildung von ûießenden Räumen
  • Austausch der steilen Holztreppe ins Dachgeschoss durch eine halbgewendelte Stahltreppe

Konstruktiv

  • Einsatz von Stahlträgern und -stützen für tragende sowie lastabtragende Funktionen

Gestalterisch

  • Optische Beruhigung der Fassaden (und damit des Gebäudeensembles) mittels eines einheitlichen Farbtons: RAL 7044 »seidengrau«
  • Tragende und neu eingebaute Stahlteile erhalten einen dazu kontrastierenden Farbton: RAL9004 »signalschwarz«.
  • Aufnahme historischer Gliederungs- und Gestaltungselemente: darunter fassadenbündige Schiebeläden mit verdeckten Laufschienen, Holz-Stulpfenster, Bieberschwanzziegel
  • Wegen der Ausbildung von Nischen bleibt ihre Ablesbarkeit auch bei geschlossenen Läden erhalten
  • Ablesbarkeit von alten und neuen Bauteilen
  • profilgleicher Anschluss an benachbarte Doppelhaushälfte dient der Ensemblebildung
  • Ablesbarkeit der Erdgeschosshöhe indem der Putz strukturell abgesetzt wird

Energetisch

  • Vermeidung von Herstellungsenergie (»graue Energie«) mittels Erhalts von Bausubstanz
  • Reduzierung von Heizenergie durch Dämmung der Außenbauteile mit Mineralwolle, Einsatz von Solarthermie, Einbau von Fußbodenheizung, Einhaltung der EnEV
  • Sommerlicher Wärmeschutz: außenliegender Sonnenschutz, Holzfaserdämmung im Dach
Ton-in-Ton nimmt sich der Baukörper vornehm zurück
Ton-in-Ton nimmt sich der Baukörper vornehm zurück
Grüner wird's nicht: Der neue Anbau mit Panoramafenster
Grüner wird's nicht: Der neue Anbau mit Panoramafenster
Der dreiseitige Kamin und das Stahlportal verbinden den Wohn- mit dem Essbereich
Der dreiseitige Kamin und das Stahlportal verbinden den Wohn- mit dem Essbereich
Treppendetail mit Harfengeländer
Treppendetail mit Harfengeländer

Konzept

Dreh- und Angelpunkt für das Familienleben im Haus wird das Erdgeschoss mit dem dreiseitig verglasten Kamin. Hier entsteht durch Rückbau der Mittelwand und den Verzicht auf Türen ein Raumverbund. Bewusst sichtbar gelassene schwarz lackierte Stahlträger und -stützen verdeutlichen ihre statische Funktion. Sie kontrastieren reizvoll mit den weißen Wänden und dem warmen Eiche- Parkettboden.

Der neue grenzständige Anbau erweitert nicht nur den Wohn- und Essbereich, er bietet zudem einen gerahmten Blick ins Grüne. Eine breite Faltwerktreppe leitet direkt in den Garten.

Anstelle der einstigen sehr steilen Holztreppe führt nun eine moderne Stahltreppe durch alle drei Ebenen des Hauses. Deren Harfengeländer im Obergeschoss übernimmt sowohl die Absturzsicherung als auch die Ableitung von Vertikalkräften.

Zahlreiche Maßnahmen führen das Gebäude an die geltenden Energiestandards heran, u.a. die Dämmung der Außenbauteile, der Einsatz von Solarthermie sowie der Einbau einer Fußbodenheizung. Außenliegender Sonnenschutz und Holzfaserdämmung im Dach dienen dem sommerlichen Wärmeschutz. Der weitgehende Erhalt der alten Bausubstanz nutzt ressourcenschonend die in ihr enthaltene, die sogenannte »graue Energie«.

Der neue Hauseingang präsentiert sich als Stahlkonstruktion
Der neue Hauseingang präsentiert sich als Stahlkonstruktion
Bereit zum Antritt: Stahl als tragender Baustoff setzt sich im Inneren fort
Bereit zum Antritt: Stahl als tragender Baustoff setzt sich im Inneren fort
Gelaserter Stahl: die neue Treppe zum Dachgeschoss
Gelaserter Stahl: die neue Treppe zum Dachgeschoss

Die Fassadengestaltung nimmt die bauzeitlichen Gliederungs- und Gestaltungselemente auf und interpretiert diese neu. Hierzu zählen die Sockelzone, die zweiflügeligen Stulpfenster mit stehenden Scheibenformaten und die zugehörigen Fensterläden. Elektrische Schiebeläden erfüllen den Wunsch der Bauherren nach Komfort. Durch die fassadenbündige Ausführung mit verdeckten Laufschienen in Wandnischen bleiben sie selbst bei geschlossenen Läden ablesbar.

Die Reduktion auf einen einheitlichen Fassadenfarbton verstärkt die plastische und strukturelle Ausformung der einzelnen Elemente. Die Materialität bleibt durch Körnung, Textur und ihren Schattenwurf erkennbar. Die Fassade strahlt Ruhe und vornehme Zurückhaltung aus.

Das Verlegen des Hauseingangs zur Straßenseite ermöglicht nun die uneingeschränkte Nutzung der Garagenzufahrt. Der stählerne Eingangsvorbau sowie das gerahmte Portal des gartenseitigen Anbaus erhielten ein seidenmattes Signalschwarz – ein starker Kontrast zur mittelgrauen Putzfassade.

Durch die Parknischen bleibt die Position der Schiebeläden auch dann ablesbar, wenn sie geschlossen sind; die Proportionen der Fassade bleiben erhalten
Durch die Parknischen bleibt die Position der Schiebeläden auch dann ablesbar, wenn sie geschlossen sind; die Proportionen der Fassade bleiben erhalten

Zahlen, Daten, Fakten

Architekt LPh 1-8: Unnewehr Packbauer Architekten, Leipzig
Bauherr: privat
Fotos:
Stefan Unnewehr, Leipzig
Fertigstellung:
2021

Ton-in-Ton: Sanierung einer Doppel­haus­hälfte in Leipzig https://unnewehr-packbauer.com/images/content/WL04_5307-1920.jpg Stefan Unnewehr